Digital Therapeutics: Wie schlucke ich eine digitale Tablette?

Gesundheits-Apps haben enormes Potenzial. Aber was ist das überhaupt, eine Gesundeit-App?

Um die Frage in der Überschrift gleich zu beantworten: Gar nicht! Digitale Tabletten gibt es nicht. Und selbst wenn: Schlucken? Dennoch, das Thema ist alles andere als ein Scherz. Ganz im Gegenteil.

Es steckt enormes Potenzial hinter digitalen Therapien. Zum einem medizinisch gesehen. Es mag zunächst seltsam klingen, dass man zum Beispiel mit Hilfe einer App eine Krankheit behandeln kann. Eine App ist doch nur so ein Computerprogramm, ein paar tausend (oder mehr) Zeilen Code, ein paar Interaktion auf dem Bildschirm. Damit soll es möglich sein, ernste Krankheiten wie etwa Diabetes zu therapieren? Auch hier gleich die Antwort: Ja, das ist möglich.

Eben weil das möglich ist, steckt in Digital Therapeutics zum anderem auch ein enormes wirtschaftliches Potenzial. Warum? Wenn eine medizinische App – ähnlich wie ein Medikament – Krankheiten behandeln kann, diese vielleicht sogar heilt, dann hat das einen großen finanziellen Wert. Nicht nur Patienten, sondern mitunter auch Krankenkassen oder Arbeitgeber sollten bereit (viel) Geld zu zahlen.

Hinzu kommt: Ein DTx – so kürzt man Digital Therapeutics ab – ist vergleichsweise günstig in der Herstellung. Auch wenn die Programmierung einer App durchaus aufwendig sein kann: Die Entwicklung eines Medikaments kostet deutlich mehr. Je nach zu behandelnde Krankheit viele Milliarden Euro. Mir ist keine Gesundheits-App bekannt, die soviel gekostet hat.

Kein Wunder, dass auch Investoren längst auf DTx aufmerksam geworden sind. Startups aus dem Bereich der Digital Health haben laut CBInsights 2021 ein rekordverdächtiges Finanzierungsvolumen von 57,2 Milliarden US-Dollar erhalten, 79 Prozent mehr als 2020. Es herrscht Goldgräberstimmung in der Branche.

Angetrieben wird das von tausenden Gründern weltweit, die in allen medizinischen Bereichen voller Ideen sind. Durch die Corona-Pandemie wurde vor etwa zwei Jahren die Turbo-Taste gedrückt, weil Home-Office, Home-Schooling, Home-Everything die Digitalisierung aller Lebensbereiche auf Hyperschall-Geschwindigkeit gebracht hat. Nicht zu unterschätzender Nebeneffekt des Home-Everything: Wir bewegen uns zu wenig. Wir essen zu ungesund. Nicht wenige trinken zuviel Alkohol. Wir werden mehr krank. Wir brauchen umso dringender DTx.

Okay, Letzteres wird sich noch zeigen müssen. Denn trotz aller Euphorie unter Gründern und Investoren: Welche Rolle DTx bei der Therapie von Krankheiten wirklich spielen, welches Potenzial sie wirklich haben, das steht noch nicht fest. Zu wenig Erfahrung wurde bisher gesammelt, zu viele Fragen sind noch offen. Werden Patienten diese Form von Therapien akzeptieren? Helfen DTx tatsächlich so wie erwartet? Ist das finanziell wirklich ein gutes Geschäft?

Time will tell!

Von Burkhardt Röper, 18. März 2022 · Bild: dannystock@freeimages & freestocks@unsplash





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