Selbstversuch Metaverse … ich bin ein Panda-Bär

Alle reden über das Metaverse. Ich habe es ausprobiert. Wie es war? Spannend, seltsam, aufregend, nervig

Ich bin schon ganz gespannt. Die VR-Brille nochmal gerade rücken, nur noch wenige Sekunden, der Ladebalken ist gleich durch … dann bin ich drin, im Metaverse.

Erstmal umschauen, denke ich mir. Doch viel Zeit bleibt mir dafür nicht. Sofort kommt eine Figur auf mich zu. Wie soll ich sie beschreiben? Eine Mischung aus dem Heiligen Franziskus und einem Drachen. Das Ganze in grün. Wildes Gefuchtel, dann redet Franziskus mit mir, in einer ziemlich heiseren Stimme: „I‘m gonna kill you!“

Kein netter Empfang im Metaverse, denke ich mir. Aber nun gut. Vielleicht ist der grüne Franziskus ja ein Einzelfall, hatte einen schlechten Tag oder so. Die anderen hier in diesem Raum scheinen netter zu sein. Neben mir springt ein grüner Frosch hin und her und stellt dabei fest: „I am a frog“. Ach was! Ich begegne noch einem riesengroßen Fliegenpilz, einem Alien und einigen mehr.

Es herrscht allgemeine Verwirrung, weil keiner versteht, wie man die Music Box einschaltet, um die es in diesem Raum eigentlich geht. Auch ich irre eine Weile herum, bis ich den Einschalt-Button finde. Ein Lichttunnel öffnet sich, ruhige, entspannende Musik startet, ich schwebe dahin, garnicht schlecht …

… wenn nicht das nervige Gelaber der anderen hier virtuell Anwesenden wäre. Ich-bin-ein-Frosch hüpft immer noch rum, der grüne Franziskus belästigt jetzt jemand anderes, irgendjemand sagt ständig „Ich bin dein Vater“. Nach nur wenigen Minuten wünsche mir, den soziale Part in dieser virtuellen Welt könne man abschalten. Also Franz, Frosch und all die anderen freundlichst hinaus zu komplimentieren. Das geht leider nicht, deswegen verlasse ich jetzt selbst diesen Raum.

Zurück in meinem Startbereich, entdecke in einen Spiegel und schaue mich mal selbst an. Und stelle fest: Ich bin ein Panda-Bär. Ziemlich grobpixelig, im Stile von Minecraft. Aber irgendwie putzig. Wenn ich mich in echt bewege, bewegt sich mein virtueller Panda-Avatar auch. Ich kann mir zuwinken, sogar tanzen wie ein Bär.

Ich befinde mich übrigens in VR-Chat. Eine der derzeit verfügbaren Anwendungen, die eine virtuelle Metaverse-Welt generieren, in denen User sich die Zeit vertreiben können. Eben mit Musik hören, Spiele spielen oder – ja, auch das gibt es – Meetings, Konferenzen oder Ähnliches abhalten. Um die 20.000 User sind im Schnitt bei VR-Chat online. Man kann dieses Metaverse durch eine App auf dem Smartphone betreten. Aber so richtig immersiv ist es natürlich nur mit einer VR-Brille.

Ich probiere noch ein paar andere Welten aus. Starte zum Beispiel Among Us, ein gerade ziemlich angesagtes Spiel. Man ist entweder Besatzungsmitglied oder Verräter auf einem Raumschiff. Man muss Aufgaben erledigen oder den Verräter identifizieren. So genau habe ich das nicht verstanden. Aber da auch die anderen hier vor allem herumirren und etwas ratlos wirken, fühle ich mich nicht allein.

Vielleicht geht es auch garnicht um das Spielen. Dieser Gedanke kommt mir, als neben mir jemand sagt: „Mein Ziel ist es, der bekannteste VR-Chat-Spieler der Welt zu werden“. Richtig, davon hatte ich gehört. Durch Aktivitäten und Freundschaften-Schließen kann man bei VR-Chat im Ranking aufsteigen. Auch in VR-Chat scheint dieser Geltungs-Mechanismus eingebaut zu sein. Man kann sich darstellen (unter anderem durch teilweise völlig irrsinnige Avatare), optimieren, produzieren.

Ist das diese neue, aufregende Metaverse-Welt, von der Zuckerberg und Co. sprechen? Mit den aus der 2D-Welt der Handy-Bildschirme bekannten Möglichkeiten, sich aufzublasen, sich zu verkaufen, ein Geschäft aufzuziehen. Oder leider auch Leute zu beleidigen oder zu belästigen, Fake-News zu verbreiten, andere zu manipulieren. Nun, die Abgründe der Menschheit werden auch hier ihren Platz finden. Aber das Metaverse hat definitiv das Zeug, ein schöner, kreativer und spannender Ort zu werden. Es kommt halt immer darauf an, was man daraus macht. Ich werde dem Ganzen noch eine Chance geben (oder mehrere). Aber nicht jeden Tag. Eher selten, vermute ich. Weil, wenn draußen die Sonne scheint, gehe ich lieber ein Runde spazieren, oder so. In der echten Welt.

Von Burkhardt Röper, 3. März 2022 · Bild: Kerry Hu@unsplash





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